- Symposion: Kult, Fest und Kommunikation
- Symposion: Kult, Fest und KommunikationDie griechischen Aristokraten luden regelmäßig einen exklusiven Kreis von Standesgenossen zum Symposion in ihr Haus ein. Bei diesen festlichen Veranstaltungen, die für ihren Lebensstil und ihre Kultur große Bedeutung hatten, trafen sie sich zum Konsum von Wein und zur geselligen Zerstreuung, aber auch zum vielfältigen Austausch über alle Aspekte ihrer Lebenswelt. Dementsprechend spielt das Symposion in allen Bereichen der archaischen und klassischen Kunst eine große Rolle. So ist etwa ein großer Teil der Dichtung dieser Epochen speziell für die Darbietung beim Symposion verfasst und damit formal und inhaltlich auf dieses gesellschaftliche Ereignis und den Geschmack des Teilnehmerkreises zugeschnitten. Die archaischen Dichter charakterisieren immer wieder die mit dem Symposion verbundenen kultischen und rituellen Handlungen, die bei solchen Festen übliche Prachtentfaltung, aber auch Aussehen und Verhalten der Teilnehmer, der Symposiasten, und ihre vielfältigen Zerstreuungen.Wie eine solche Festlichkeit konkret ablief, lässt sich einem Gedicht des Xenophanes aus Kolophon entnehmen, der im 6. Jahrhundert v. Chr. lebte: Dem Symposion ging die gemeinsame Mahlzeit der Teilnehmer voraus. Nach ihrem Abschluss reinigten die Symposiasten ihre Hände, sie wurden mit Blumenkränzen geschmückt, und sie parfümierten sich mit wohlriechenden Salben. Währenddessen brachten die Diener Wein und Wasser und stellten Brot, Käse und Honig bereit. Zu Beginn des Gelages wählten die Teilnehmer, die untereinander prinzipiell gleichrangig waren, jeweils einen Symposiasten zum »König des Symposions«. Seine wichtigste Aufgabe bestand darin, das Mischungsverhältnis festzulegen, in dem der Wein mit Wasser gemischt wurde. Bevor mit dem Trinken begonnen wurde, brachten die Symposiasten ein Trankopfer dar und sangen den Götterhymnos. Während des Gelages zerstreute man sich dann mit Würfelspielen und Geschicklichkeitsübungen, mit Anekdoten, Gedichten und musikalischen Darbietungen. Die Lieder und Gespräche der Symposiasten kreisten um die Abenteuer der mythischen Heroen und um die Kriegszüge der Vorfahren. Sie riefen aber auch zum Kampf gegen Tyrannen und zur Loyalität gegenüber Freunden auf und beklagten Treulosigkeit, Neid und Geiz. Und nicht zuletzt priesen sie natürlich immer wieder den Wein, die Jugend und die Knabenliebe.Das Symposion war auch eines der beliebtesten Motive in der Vasenmalerei dieser Epochen. Zahlreiche der schönsten Stücke waren für den Gebrauch beim Gelage bestimmt und zeigen dementsprechend Gelageszenen. Die auf den Vasen dargestellten Symposiasten haben sich in anmutiger Haltung auf Liegen, Klinen, niedergelassen - eine Sitte, die der griechische Adel um die Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. aus dem orientalischen Kulturkreis übernahm. Sie halten Trinkgefäße oder Musikinstrumente in den Händen. Stets haben sie Blickkontakt miteinander und trinken sich zu. Ihre Gesten machen also auf vielfältige Weise deutlich, dass sie in einem äußerst intensiven Austausch miteinander stehen.Das Symposion bot den Aristokraten die beste Gelegenheit, sowohl ihren Reichtum zur Schau zu stellen, als auch ihre Fähigkeit zu demonstrieren, diesen auf die rechte Weise zu genießen. Beim Symposion konnte man den Besitz aller jener Fähigkeiten beweisen, die sozial anerkannt und hoch bewertet waren. Bildung und Kultur eines Mannes zeigten sich nicht zuletzt darin, dass er in der Lage war, mit gleichgestellten und gleich gesinnten Freunden auf vornehme Art seine Zeit bei Musik, Gesang und Gesprächen zu verbringen und dass er sich stets als guter Gesellschafter, geübter Sänger, rhetorisch gewandter Redner und Wettspieler und nicht zuletzt als großzügiger Gastgeber erwies. Darüber hinaus waren generöse Bewirtung und kultivierte Unterhaltung von Standesgenossen für jeden, der Prestige und Einfluss gewinnen wollte, von zentraler Bedeutung. Das Symposion bot den Aristokraten also nicht nur den idealen Rahmen für ihre individuelle Selbstdarstellung, es konnte ihnen immer auch dazu dienen, Informationen auszutauschen, Verbindungen zu knüpfen, zu sehen und zugleich mit den richtigen Leuten gesehen zu werden.Dr. Elke Stein-Hölkeskamp
Universal-Lexikon. 2012.